Beathouse Donaustadt

Sound Performance, Donaustadt, Wiener Festwochen, 2019



Die Gegenden um Kagran und Kaisermühlen im heutigen 22. Wiener Gemeindebezirk sind ein Ort, an dem sich ein Stück Stadtgeschichte konzentriert: einst Arbeiter*innenviertel, Gemeindebauten-Hochburg, eine der letzten Bastionen des Roten Wien gegen den Austrofaschismus. Was Anna Witt an dieser Vergangenheit besonders interessiert, sind die lebendige Utopie, der Glaube an das Kollektive und an die Solidarität. Wie viel Gemeinschaft ist in unserer Gesellschaft noch vorhanden? Was verbindet Bewohner*innen eines Gemeindebaus heute noch miteinander? Für Beat House Donaustadt zeichnet Anna Witt mit einem Ultraschallgerät deren Herzschläge auf. Gleich zu Beginn der Festwochen öffnen die Bewohner*innen die Fenster, und spielen alle zugleich auf ihren eigenen Anlagen ihre individuellen Rhythmen ab und sich zu einem kollektiven Sound vereinen.
„Der Herzschlag ist ein vielschichtiges Symbol, das viele unterschiedliche, aber meist positive, Assoziationen zulässt und deshalb sehr zugänglich ist. Das ist ein wichtiger Aspekt bei einem Projekt, das nicht im Museum stattfindet, sondern an einem sehr privaten Ort, an dem die Menschen nicht sofort mit zeitgenössischer Kunst rechnen. 
Der Herzschlag eines jeden Menschen klingt anders, das macht ihn zu einer Art individuellem Portrait und funktioniert in Beat House Donaustadt sehr unmittelbar: Ein Sound, der für die Existenz eines Individuums steht und durch die akustische Verstärkung für alle hörbar wird. Gleichzeitig abgespielt zeugt das Wummern von der Idee eines gemeinschaftlichen Nebeneinanders. Es entsteht ein gemeinsamer Moment, bei dem diese Behauptung auf sinnlicher Ebene erfahren werden kann.“
„Die Idee des kommunalen Wohnbaus war historisch gesehen eine Art soziale Revolution, die Arbeiter*innen ein leistbares, besseres Wohnen schaffen sollte. Das waren Errungenschaften, bei denen es um Gemeingut und Zusammenleben ging, die sich beispielsweise auch in der Architektur wiederspiegelten. Ich denke heutzutage hat sich die Auffassung dieses Aspekts, aber auch die Bedeutung des Gemeindebaus sehr verändert. Zum einen neigt man dazu, den Gemeindebau als Idee zu romantisieren und gleichzeitig ist er ein explosiver und sensibler Ort, um sich mit Fragen des Zusammenlebens und der Bedeutung von Gemeinschaft in der heutigen Gesellschaft auseinanderzusetzten.“

Beathouse

Collective Sound Performance, Donaustadt, Wiener Festwochen, 2019



Kagran and Kaisermühlen are areas in Vienna’s 22nd district that concentrate a piece of the city’s history. Formerly a working-class neighbourhood and stronghold of council housing, it was one of the last bastions of the Socialist Party in its fight against Austrofascism. What interests Anna Witt most about this history is the vibrant utopia, the belief in the collective and in solidarity. The work of the visual artist, who was awarded the Otto Mauer Prize in 2018, is performative and participatory – this allows her to delve into questions that are important to her: How much community still exists in our society? In what way are the residents of a “Gemeindebau” connected nowadays? For Beat House Donaustadt Witt uses an ultrasound scanner to record their heartbeats. At the start of the Wiener Festwochen, the residents open their windows, letting their individual rhythms drift out and join to form a collective sound. The sound of the city.

Beat House H264 from Anna Witt on Vimeo.